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Jahresbericht
2019

Sehr geehrte Damen und Herren

Was hat das Jahr 2019 für die berufliche Vorsorge gebracht? Beurteilt man das Berichtsjahr 2019 mit Blick auf die globalen Aktienmärkte, so ist ein positives Fazit zu ziehen: Die globalen Aktienmärkte schlossen auf Höchstständen. Getrübter wird der Blick, wenn man weitere Rahmenbedingungen in Betracht zieht: Das Tiefzinsumfeld wird durch die enorm expansive Geldpolitik der Notenbanken zementiert. Die Alterung der Bevölkerung setzt sich fort. Ein Ende des Reformstaus ist nicht abzusehen. Zwar haben die Sozialpartner einen Kompromiss gefunden. Dieser wird aber nicht von allen Partnern mitgetragen und löst die Probleme in der 2. Säule nicht. Alternativvorschläge machen die Runde. Die politischen Akteure sind wenig begeistert. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Kompromiss in der politischen Debatte zerzaust wird.

Den Pensionskassen bleibt also einzig, mit den gegebenen Rahmenbedingungen nach bestem Wissen und Gewissen mögliche Lösungen für ihre Versicherten und Rentenbeziehenden zu finden. Der Stiftungsrat der Vorsorge RUAG ist überzeugt, mit der marktnahen, ökonomischen Bewertung der Rentenverpflichtungen den richtigen Schritt getan zu haben. Er ist ebenso überzeugt, auf die Entflechtung der RUAG mit Augenmass reagiert zu haben: Die Vorsorge RUAG wird per 1. Juli 2020 zur Livica Sammelstiftung. Damit werden Struktur und Organisation der Vorsorgeeinrichtung auf die neue Konzernstruktur der RUAG ausgerichtet. Den Versicherten wird in den neuen Organisationseinheiten der entflochtenen RUAG ein unveränderter Vorsorgeplan angeboten. Die Organisationseinheiten werden verschiedenen Vorsorgewerken zugeordnet. Die Rentenbeziehenden bilden ein eigenes Vorsorgewerk. Oberstes Organ der Sammelstiftung ist der heutige Stiftungsrat. Um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen, bleibt er bis Mitte 2021 im Amt. Die Vorsorgewerke werden von den noch zu wählenden und paritätisch zusammengesetzten Vorsorgekommissionen geführt.

Bewertungszinssatz

Das rekordtiefe Zinsniveau hielt auch 2019 an. Die Schweizerische Nationalbank wird vorerst keine Zinserhöhungen vornehmen und auch an den Negativzinsen festhalten. Der Stiftungsrat sieht sich deshalb in seiner Politik einer marktnahen, nämlich ökonomischen Bewertung der Rentenverpflichtungen bestätigt.

Erstmals ab Bilanzstichtag 31. Dezember 2018 wurden die Kassenzinssätze von Obligationen der Schweizerischen Eidgenossenschaft verwendet. Dies entspricht für den Jahresabschluss 2019 einem fixen Bewertungszinssatz von -0.3 % (siehe Ziffer 5.6 im Anhang zur Jahresrechnung). Auf den Umwandlungssatz hat dies keine Auswirkungen.

Deckungsgrad

Die Pensionskassen müssen von Gesetzes wegen jährlich den Deckungsgrad nach Art. 44 BVV 2 berechnen und im Anhang der Jahresrechnung ausweisen (siehe Ziffer 5.7). Er beträgt 106.9 % (Vorjahr 101.1 %). Per Definition soll ein Deckungsgrad Auskunft geben, ob die laufenden und die künftigen reglementarischen Verpflichtungen durch das Vermögen der Vorsorgeeinrichtung gedeckt sind. Dies ist der Fall, wenn der Deckungsgrad mindestens 100 % beträgt.

Neben dem vom Gesetz vorgeschriebenen Deckungsgrad nach Art. 44 BVV 2 werden zusätzlich auch ein ökonomischer Deckungsgrad sowie ein risikotragender Deckungsgrad ausgewiesen. Per 31. Dezember 2019 beträgt der ökonomische Deckungsgrad 98.6 % (Vorjahr 96 %) und der risikotragende Deckungsgrad 122.4 % (Vorjahr 109.8 %). Die Erläuterungen zu den Deckungsgraden sind unter Ziffer 9.3 im Anhang der Jahresrechnung zu finden.

Vermögensanlage

Da der Dezember 2019 positive Nachrichten sowohl zum Thema Handelskonflikt zwischen den USA, China und Europa als auch zum Brexit brachte, beendeten die globalen Aktienmärkte das 2019 auf Höchstständen. Auch die Absicht der US-Notenbank, Zinsveränderungen im 2020 womöglich auf Eis zu legen wie auch die Ankündigung der Europäischen Zentralbank EZB, die Negativzinspolitik bis mindestens Mitte 2020 in Kraft zu lassen, bestärkten das Vertrauen am Markt zusätzlich. Als Folge dieser anhaltenden Politik niedriger Zinsen wiesen auch die Obligationenbestände positive Renditen aus.

Auf dem Gesamtvermögen der Vorsorge RUAG wurde 2019 der Strategie entsprechend eine positive absolute Rendite von 9.47 % erwirtschaftet (Vorjahr: -2.12 %). Damit wurde die strategische Benchmarkrendite um 0.62 %-Punkte verfehlt. Diese Underperformance ist primär auf die im 4. Quartal erfolgten Umschichtungen im Zusammenhang mit der Umstellung auf die neue Anlagestruktur der Sammelstiftung zurückzuführen. Die bis Ende 2019 gültige Anlagestrategie der Vorsorge RUAG ist geprägt von einer tiefen Aktienquote und dem Verzicht auf alternative Anlagen. Die Strategie ist damit auf wesentlich geringere Aktien- und Währungsrisiken ausgerichtet als der Schweizer Durchschnitt. Dementsprechend ist die Rendite der Vorsorge RUAG in einem guten Aktienjahr schlechter, in einem schlechten Aktienjahr jedoch besser als diejenige anderer Schweizer Pensionskassen. Der Schweizer Durchschnitt liegt 2019 bei 11.48 % (Quelle: Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index). Die Umschichtungen auf die neue Anlagestruktur wurden mit einem letzten Übertrag im Januar 2020 abgeschlossen. Die neue Anlagestruktur der Sammelstiftung sieht eine auf Kreditrisiken reduzierte risikoarme Anlagestrategie für die bis Ende 2019 entstandenen Rentenverpflichtungen vor. Deshalb können die den aktiv Versicherten zugeordneten Vermögen neu mit einer auf höhere Aktienrisiken ausgerichteten Strategie angelegt werden.

Bis vor Kurzem galt eine klare Regel: Schuldner zahlen ihren Gläubigern Zinsen für das geliehene Geld. Diese Grundannahme der Wirtschaft wird 2019 definitiv in Frage gestellt. In der Schweiz notiert die gesamte Zinskurve unter null – ungeachtet der Laufzeit. Das heisst, der Bund bezahlt keine Zinsen mehr. Auch in den USA notiert die dreissigjährige Rendite nun unter 2 %. Das ist der tiefste jemals gemessene Marktzins für eine solch langlaufende Treasury-Anleihe. Aber nicht nur Staatsanleihen weisen mittlerweile eine negative Rendite aus, sondern auch hochverzinsliche Unternehmensanleihen.

Die aktuellen reglementarischen Leistungsversprechen erhöhen den Renditedruck in einem von Negativzinsen und überhitzten Aktienmärkten geprägten ökonomischen Umfeld. Mit den damit verbunden Anlagerisiken bewusst umzugehen, ist die grösste Herausforderung der Zukunft.

Verzinsung

Trotz der erfreulichen Rendite von 9.47 % und einem entsprechend gestiegenen Deckungsgrad von 106.9% ist die strukturelle Risikofähigkeit nicht gegeben. Diese ist erst erreicht bei einem Soll-Deckungsgrad von 117 % und ausreichender Wertschwankungsreserve. Der Stiftungsrat legte mit 1.5 % gleichwohl eine Verzinsung fest, die über der BVG-Mindestverzinsung von 1.0 % liegt.

Unterjährige Ereignisse wie Austritte und Pensionierungen werden im Jahr 2020 wie im Vorjahr mit 0.4 % verzinst.

Pensionierungsverluste

Ziffer 5.4.1 im Anhang zur Jahresrechnung weist unter anderem die Höhe der effektiven Pensionierungsverluste aus. Sie betragen im Jahr 2019 rund 6.6 Mio. Franken und sind damit höher als im Vorjahr (rund 2 Mio. Franken). Der Grund liegt darin, dass der Bewertungszinssatz mit -0.3 % wesentlich tiefer liegt als die 1.5 %, auf der die Berechnung der seit 1.1.2017 gültigen Umwandlungssätze basiert. Wollte man die Pensionierungsverluste gänzlich verhindern, müssten die Umwandlungssätze weiter gesenkt, sprich den Realitäten angepasst werden. Auf eine weitere Senkung zu verzichten, war ein bewusster Entscheid des Stiftungsrats.

Die Folge ist, dass für die 56 neuen Rentenbeziehenden 26.1 % der Leistungen nicht voll gedeckt waren. Bezogen auf das Anlagevermögen werden 0.3 % der erwirtschafteten Jahresrendite zur Deckung der Pensionierungsverluste verwendet.

Keine Rententeuerung

Aufgrund des Deckungsgrades und der eingeschränkten Risikofähigkeit waren die Voraussetzungen zur Gewährung eines Teuerungsausgleichs für die Alters-, Invaliden-, Ehegatten- sowie Kinderrenten ab 1. Januar 2020 nicht gegeben.

Reglementsänderungen

Auf den 1. Januar 2019 wurde der massgebende Jahreslohn neu festgelegt. Als solcher gilt grundsätzlich wie bisher der AHV-pflichtige Jahreslohn (zwölf Monatslöhne zuzüglich des 13. Monatslohnes). Neu dazu kommen allfällige Funktionszulagen, Schichtzulagen sowie Boni. Ausserdem werden explizit diejenigen Lohnbestandteile aufgeführt, die zur Ermittlung des massgebenden Jahreslohnes nicht berücksichtigt werden. Weitere Informationen zu den Reglementsänderungen sind wie immer auf der Website www.vorsorgeruag.ch zu finden.

Fusion der Kadervorsorge RUAG mit der Vorsorge RUAG

Da wie oben erwähnt die Versicherung der Boni durch die Vorsorge RUAG erfolgt, wurde als Folge davon die Kadervorsorge RUAG rückwirkend per 1. Januar 2019 mittels Fusion in die Vorsorge RUAG integriert. Die Stiftungsräte haben dazu einen Fusionsvertrag zwischen den beiden Stiftungen abgeschlossen und per 1. Januar 2019 eine Fusionsbilanz erstellt. Die zu übernehmenden Aktiven und Passiven der Kadervorsorge RUAG betrugen 20.8 Mio. Franken. Erläuterungen zur Fusion sind unter Ziffer 9.4 im Anhang der Jahresrechnung zu finden.

Verwaltungskosten

Die Netto-Kosten für die Vermögensverwaltung betragen 0.275 % der transparenten Vermögensanlagen (siehe Ziffer 6.8 im Anhang zur Jahresrechnung). Sie liegen höher als im Vorjahr (0.211 %). Die Ursache liegt in erster Linie in ausserordentlichen Vermögensverwaltungs- und Transaktionskosten für die Umschichtung im Hinblick auf die Anlagestruktur der Sammelstiftung. Wie in den Vorjahren wird eine vollumfängliche Kostentransparenzquote von 100 % erreicht.

Details zu den allgemeinen Verwaltungskosten sind aus Ziffer 7.4 im Anhang zur Jahresrechnung ersichtlich. Daraus geht hervor, dass sie pro Kopf gegenüber dem Vorjahr von 199 auf 213 Franken pro Mitglied gestiegen sind. Wie im Vorjahr machen sie unverändert 0.06 % des Vermögens aus.

Stiftungsrat

Auf Seite der Arbeitnehmervertreter kam es per Ende April zu einem Wechsel: Anstelle des in Pension gegangenen Peter Probst nahm Guido Zwyssig, Senior Manager Controlling & Finance bei MRO International, Einsitz im Stiftungsrat. Dieser hat im vergangenen Jahr seine ordentlichen Geschäfte an fünf Sitzungen behandelt. Aufgrund des Übergangs zu einer Sammelstiftung waren zwei zusätzliche ausserordentliche Sitzungen nötig.

Aus- und Weiterbildung

Auf eigentliche Ausbildungsveranstaltungen hat der Stiftungsrat im Berichtsjahr verzichtet, da der Fokus auf dem Übergang zur Sammelstiftung lag.

Die einzelnen Stiftungsräte haben sich jedoch individuell an verschiedensten Seminaren und Anlässen zu aktuellen BVG- und Pensionskassenfragen weitergebildet.

Der Geschäftsführer und sein Stellvertreter orientieren regelmässig an den Personalfachtagungen der RUAG über aktuelle Themen der beruflichen Vorsorge. Sie referieren zudem an den speziellen Kursen für RUAG-Mitarbeitende zur Vorbereitung der Pensionierung.

Revision

Unsere Revisionsstelle PricewaterhouseCoopers AG hat die Zwischenprüfungen vom 25. bis 27. November 2019 und die Schlussprüfungen vom 24. bis 27. Februar 2020 durchgeführt. Sie bestätigt, dass die anwendbaren gesetzlichen, statutarischen und reglementarischen Vorschriften eingehalten wurden. Sie empfiehlt dem Stiftungsrat, die Jahresrechnung 2019 zu genehmigen.

… und ausserdem…

Der vorliegende Jahresbericht handelt das Jahr 2019 ab. Das hinderte uns jedoch nicht daran, mit der erwähnten Transformation der Vorsorge RUAG zur Livica Sammelstiftung per Mitte 2020 auch einen Blick in die nahe Zukunft zu werfen. Und jetzt – beim Verfassen des Berichts – haben wir die erste Woche der vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage hinter uns (23. März 2020): Die Corona-Pandemie bestimmt unseren brüsk entschleunigten Rhythmus. Der verordnete Stillstand des öffentlichen Lebens führt aber notgedrungen zu einer Lähmung der Wirtschaft. Der Bundesrat hat deshalb ein wirtschaftliches Hilfspaket von zurzeit über 40 Milliarden Franken zur Unterstützung der Werktätigen und Unternehmen beschlossen. Die Schweizerische Nationalbank hat bereits am Devisenmarkt interveniert, um den Franken nicht zu stark werden zu lassen. Sie hat auch für Stabilität der Finanzmärkte zu sorgen.

Die eingeleiteten Massnahmen dienen also sowohl der Volksgesundheit wie auch der Volkswirtschaft. Prognosen zum Zeitpunkt einer Verbesserung der epidemiologischen und der wirtschaftlichen Lage sind äusserst unsicher. Fest steht: Je rascher das Virus an seiner Ausbreitung gehindert werden kann, desto früher belebt sich auch die Konjunktur wieder.

Die Turbulenzen wirken sich auch auf die Pensionskassen aus. Die massiven Einbrüche an den Aktienmärkten fressen die gebildeten Wertschwankungsreserven förmlich auf. Die Vorsorge RUAG beobachtet die Situation genau. Den Versicherten und Rentenbeziehenden sei gesagt, dass die finanzielle Stabilität zurzeit gewährleistet ist und die laufenden Renten sicher sind.